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Als im Jahr 1880 im Gotthardtunnel der Durchstich erfolgte, lebten offiziell 2990 Personen in Göschenen (UR). Davon waren 2440 ausländischer Nationalität und nur 550 Schweizerinnen und Schweizer. Allein das Verhältnis dieser beiden Zahlen macht deutlich, wie stark die Tunnelbaustelle das Bergdorf auf den Kopf gestellt hatte.
Göschenen hatte 1880 einen Ausländeranteil von 81,6%. Das ist mehr, als in irgendeiner anderen Gemeinde der Schweiz je in einer Volkszählung gezählt wurde.
In der animierten Karte sind die Ausländeranteile in den Gemeinden für die Volkszählungsjahre seit 1850 dargestellt. Sie zeichnet ein räumlich detailliertes Bild der Entwicklung der ausländischen Bevölkerung in der Schweiz.
Bei der ersten Zählung gleich nach der Gründung des schweizerischen Bundesstaats lag der Ausländeranteil gerade einmal bei 3,0%. Sichtbar wird ein starker Anstieg der ausländischen Bevölkerung zwischen 1888 und 1910. Die so genannte Gründerzeit war geprägt von der Industrialisierung und einer rasanten Urbanisierung. Die Schweiz, die zuvor vor allem ein Auswanderungsland war, zählte in dieser Phase erstmals mehr Ein- als Auswanderer. Die Animation zeigt sodann den Bruch, zu dem es mit dem Ersten Weltkrieg und dem Beginn systematischer Grenzkontrollen und Niederlassungsbeschränkungen kam: In den Volkszählungen bis 1941 zeigt sich in den meisten Gemeinden ein sinkender Ausländeranteil. Die nächste Phase steigender Ausländeranteile dauerte bis 1970 und setzte sich nach einem kurzen Unterbruch bis heute fort.
Diese Karte zeigt die Entwicklung des Ausländeranteils in den Gemeinden der Schweiz von 1850 bis 2015.
1860
In der ersten Volkszählung von 1850 wurden in der Schweiz gerade mal 3,0% Ausländerinnen und Ausländer gezählt. Zehn Jahre später waren es 4,6%.
Die Karte von 1860 zeigt, dass sich die ausländische Bevölkerung damals weitgehend auf die Grenzkantone Genf und Basel-Stadt konzentrierte. Mehr als ein Drittel der gesamten ausländischen Bevölkerung lebte in diesen beiden Kantonen. Den höchsten Ausländeranteil hatte damals mit 51,4% die Genfer Grenzgemeinde Chêne-Thônex.
1860
Diese Karte zeigt den Ausländeranteil in den Gemeinden der Schweiz von 1860.
Auch im Vergleich zu den anderen grösseren Städten der Schweiz hatten im jungen Bundesstaat Genf und Basel mit Abstand den höchsten Ausländeranteil. Noch bis zum Ersten Weltkrieg entwickelten sich die beiden grenznahen Universitätsstädte ähnlich. Danach sackte der Anteil der ausländischen Bevölkerung Basels jedoch richtiggehend ab, von knapp 40% 1910 auf unter 10% 1941.
1960 hatte Basel trotz seiner Grenzlage einen tieferen Anteil an Ausländerinnen und Ausländern als die Schweiz im Durchschnitt. Auch im internationalen Genf ging der Ausländeranteil zeitweise zurück, er war jedoch immer mindestens doppelt so hoch wie in der Schweiz insgesamt.
Diese Grafik zeigt die Entwicklung des Ausländeranteils in Basel im Vergleich zum Ausländeranteil der Schweiz von 1850 bis 2015.
Diese Grafik zeigt die Entwicklung des Ausländeranteils in Genf im Vergleich zum Ausländeranteil der Schweiz von 1850 bis 2015.
Bis ins späte 19. Jahrhundert war die Schweiz weit mehr ein Auswanderungs- als ein Einwanderungsland. So waren etwa das Engadin und das Misox bekannt für ihre Auswanderungstradition von Zuckerbäckern und Baumeistern. Weniger bekannt ist, was die Karte der Ausländeranteile von 1860 sichtbar macht. Bereits damals, vor der Entwicklung des Tourismus, waren diese Regionen durch eine international zusammengesetzte Bevölkerung geprägt.
Offensichtlich führten die durch die Auswanderung ins benachbarte Ausland geknüpften Kontakte zu einem Migrationsnetzwerk, mit Wanderungsbewegungen in beide Richtungen.
Die Industrialisierung, die später zum Motor der Zuwanderung werden sollte, war 1860 erst in Ansätzen von Bedeutung. Drei Gemeinden fallen allerdings auf: Das kleine Dorf Zwischbergen (VS) auf der südöstlichen Seite des Simplons hatte 1860 einen Ausländeranteil von 25,0% und damit weit mehr als alle anderen Gemeinden in der Region. In den Minen von Zwischbergen wurde damals von einer französischen Gesellschaft nach Gold gegraben. Zu den Gemeinden mit dem schweizweit höchsten Ausländeranteil (44,6%) zählte auch Paudex (VD) am Genfersee. Dort wurde Stein- und Braunkohle abgebaut. In Gerlafingen (SO) hatte ein gewisser Ludwig von Roll 1818 ein Eisenwerk gegründet. Von den Einwohnerinnen und Einwohnern des Orts, der damals noch Niedergerlafingen hiess, waren 1860 rund ein Viertel ausländischer Nationalität. Die Montan- und Schwerindustrie konnte in der Schweiz nie grossflächig Fuss fassen. 1860 spielte sie jedoch, wenn auch nur ganz punktuell, noch eine Rolle.
Diese Grafik zeigt die Entwicklung des Ausländeranteils in Paudex im Vergleich zum Ausländeranteil der Schweiz von 1850 bis 2015.
Diese Grafik zeigt die Entwicklung des Ausländeranteils in Gerlafingen im Vergleich zum Ausländeranteil der Schweiz von 1850 bis 2015.
1880
Auch 1880, 20 Jahre später, lebten in den meisten Gemeinden der Schweiz nur ganz wenige ausländische Personen. Dennoch zeugt die Karte vom Beginn einer neuen Dynamik, die vom Eisenbahnboom ausgelöst worden war. Das heutige Kreuzlingen (TG), das damals noch aus mehreren Gemeinden bestand, wurde in den 1870er-Jahren ans Eisenbahnnetz angeschlossen und entwickelte sich sogleich zum wichtigen Scharnier zur deutschen Nachbarstadt Konstanz.
Die Wirtschaft boomte und der Ausländeranteil stieg. In Emmishofen – heute ein Stadtteil von Kreuzlingen – erreichte er bereits damals 42,9%. Auch Rheinfelden (AG) wurde in den 1870er-Jahren ans Schweizer Eisenbahnnetz angeschlossen und setzte zu einer dynamischen Entwicklung an, die sich in hohen Ausländerzahlen spiegelt.
1880
Diese Karte zeigt den Ausländeranteil in den Gemeinden der Schweiz von 1880.
Vom Eisenbahnboom zeugte damals am deutlichsten ein auf der Karte von 1880 sichtbares Band von Gemeinden mit hohen Ausländerquoten quer durch die Alpen. Dieses reichte vom Zugersee bis an den Lago Maggiore. Es umfasste die Gemeinden, in denen sich die Arbeiter der Gotthardbahn niedergelassen hatten. Göschenen (UR), direkt an der wichtigsten Baustelle am Nordportal des Scheiteltunnels gelegen, bildete das Herz des Projekts.
Mit einem Ausländeranteil von 81,6% lieferte das Bergdorf auch gleich den entsprechenden Schweizerrekord. Wie die Karte von 1910 zeigt, spielte sich 30 Jahre später Ähnliches entlang der Lötschbergachse ab.
Diese Grafik zeigt die Entwicklung des Ausländeranteils in Göschenen im Vergleich zum Ausländeranteil der Schweiz von 1850 bis 2015.
Diese Grafik zeigt die Entwicklung des Ausländeranteils in Giornico im Vergleich zum Ausländeranteil der Schweiz von 1850 bis 2015.
Gerne geht vergessen, dass die gesamte Gotthardstrecke und nicht nur der Gotthardtunnel eine ingenieurtechnische Meisterleistung ist und sich entlang der gesamten Strecke wichtige Baustellen befanden. So auch in Giornico (TI), wo an den Biaschina-Kehrtunnels gearbeitet wurde. In Giornico lag der Ausländeranteil 1880 bei 72,4%. Die Diagramme von Göschenen und Giornico zeigen, dass mit dem Abschluss der Bauarbeiten der Anteil der ausländischen Bevölkerung beinahe so schnell zurückging, wie er zuvor angestiegen war. In diesen Gemeinden kam es nach 1950 erneut zu einem markanten Anstieg des Ausländeranteils. Diesmal zog der Autobahnbau ausländische Arbeitskräfte ins Urnerland und in die Leventina, wo in Giornico am bekannten Biaschina-Viadukt gearbeitet wurde. Das Diagramm zeigt allerdings auch, dass in Folge des technischen Fortschritts der Bedarf an Arbeitskräften beim Autobahnbau nicht mehr so enorm war wie fast hundert Jahre zuvor beim Bau der Eisenbahnbergstrecke.
Bereits in der Karte von 1880 zeigen sich die ersten Spuren des Fremdenverkehrs. Am östlichen Ende des Genfersees suchten die ersten internationalen Kurgäste nach Erholung und Genesung. In Les Planches, heute Teil von Montreux (VD), wurden Hotels und Sanatorien gebaut und die umliegenden Höhen mit Bergbahnen erschlossen. In Davos (GR) initiierte der deutsche Arzt Alexander Spengler, der die heilsame Wirkung der Höhenluft erkannt hatte, die Verwandlung des Bergdorfs in eine städtisch geprägte Siedlung mit mondänem, internationalem Flair. Fast eins-zu-eins spiegelt sich die Entwicklung des alpinen Tourismus in der Entwicklung der Ausländeranteile.
1870 hatte Davos noch einen Ausländeranteil von 7,1%. Zehn Jahre später lag dieser bereits bei einem Drittel. Auf dem Höhepunkt 1910, in der Zeit, als Thomas Mann seinen Zauberberg zu schreiben begann, erreichte er fast 50%. Die Internationalität entstand durch die Kurgäste mit teils jahrelangen Aufenthalten und natürlich durch die Rekrutierung von Personal. Auf dem Balkon der Waadtländer Alpen durchlief der Höhenkurort Leysin (VD) eine ähnliche Entwicklung.
Diese Grafik zeigt die Entwicklung des Ausländeranteils in Davos im Vergleich zum Ausländeranteil der Schweiz von 1850 bis 2015.
Diese Grafik zeigt die Entwicklung des Ausländeranteils in Zermatt im Vergleich zum Ausländeranteil der Schweiz von 1850 bis 2015.
In anderen grossen Tourismuszentren setzte diese Entwicklung jedoch viel später ein. So stieg etwa in Zermatt (VS) der Ausländeranteil erst zwischen 1950 und 1960, mit dem Beginn des Wintersportbooms, sprunghaft an.
1910
1910 lag der Ausländeranteil schweizweit bei knapp 15%. In den Jahrzehnten vor dem Ersten Weltkrieg entwickelte sich die Zuwanderung von Arbeitskräften in die Schweiz erstmals zu einem Breitenphänomen.
Wie die Karte von 1910 zeigt, lag der Ausländeranteil in vielen Regionen der Schweiz allerdings noch immer unter 5%. Dazu zählte fast der gesamte Kanton Bern sowie weite Teile der Kantone Wallis, Freiburg und Luzern. Nun war eindeutig die Industrialisierung zum Treiber der Zuwanderung geworden, und diese entwickelte insbesondere in den östlichen Landesteilen viel Dampf.
Der abrupte Bruch setzte mit dem Ersten Weltkrieg ein. Innerhalb von 10 Jahren kam es beinahe zu einer Halbierung des Ausländeranteils in der Schweiz, und in den folgenden Jahrzehnten nahm dieser noch weiter ab. Während des Nachkriegbooms konzentrierte sich die Zuwanderung dann weit weniger stark auf die klassischen industriellen Zentren. Ein Grund dafür war der Strukturwandel, ein anderer das Aufkommen der Automobilität, welche Wohn- und Arbeitsorte mehr und mehr trennte.
1910
Diese Karte zeigt den Ausländeranteil in den Gemeinden der Schweiz von 1910.
Fast schon idealtypisch zeigt sich die industrielle Entwicklung bei der Thurgauer Bodenseegemeinde Arbon. Auch wenn die Industrietradition Arbons weit zurückreicht, setzte eine stürmische Entwicklung zum wichtigen Industriestandort erst ein, als Arbon 1869 einen Eisenbahnanschluss erhielt. Und mit dieser Entwicklung kam es zu einer rasanten Zunahme der ausländischen Bevölkerung mit einer Spitze von 48,8% im Jahr 1910.
Wie an anderen Orten verlief diese Entwicklung nicht nur reibungslos. Konflikte über missliche Wohn- und Arbeitsverhältnisse mündeten 1902 in Arbon in mehrtägigen «Italienerkrawallen».
Diese Grafik zeigt die Entwicklung des Ausländeranteils in Arbon im Vergleich zum Ausländeranteil der Schweiz von 1850 bis 2015.
Die Bedeutung des Strukturwandels zeigt sich besonders deutlich in St. Gallen. Durch den Aufbau des Industriezweigs der St. Galler Stickerei – diese wurde in die ganze Welt exportiert – wurde die Ostschweizer Stadt zu einem Magneten für Arbeitskräfte, auch ausländische. Im östlichen Teil der heutigen Stadt St. Gallen, damals eine eigenständige Gemeinde namens Tablat, lebten 1910 über 40% Ausländerinnen und Ausländer.
Mit dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs änderte dies gleich doppelt. Der Krieg führte zur Schliessung der Grenzen, aber auch zu einem abrupten Nachfrageeinbruch nach St. Galler Spitzen. Der folgende wirtschaftliche Einbruch ging bis 1950 mit einem sinkenden Ausländeranteil einher.
Diese Grafik zeigt die Entwicklung des Ausländeranteils in St. Gallen im Vergleich zum Ausländeranteil der Schweiz von 1850 bis 2015.
Es war hauptsächlich die industrielle Dynamik im Osten der Schweiz, die vor dem Ersten Weltkrieg zu einem starken Anstieg der ausländischen Bevölkerung führte. In der Romandie zeigte sich dies weit weniger. So lag etwa der Ausländeranteil in der Uhrenmetropole La Chaux-de-Fonds (NE) im Jahr 1910 gerade einmal bei 12,0%. Die Uhrmacher wurden vor allem aus der Schweiz selber rekrutiert.
Wie die entsprechende Darstellung zeigt, bewegten sich im Zuge der Industrialisierung auch die beiden Deutschschweizer Binnenstädte Bern und Zürich auseinander. In Zürich lag der Ausländeranteil 1910 bei 33,8%, in der Stadt Bern dagegen bloss bei 10,8% und damit sogar unter dem Schweizer Durchschnitt. In der Bundeshauptstadt blieb die Bedeutung des industriellen Sektors weit hinter Zürich zurück.
Diese Grafik zeigt die Entwicklung des Ausländeranteils in Zürich im Vergleich zum Ausländeranteil der Schweiz von 1850 bis 2015.
Diese Grafik zeigt die Entwicklung des Ausländeranteils in Bern im Vergleich zum Ausländeranteil der Schweiz von 1850 bis 2015.
1970
Erst mit dem Einsetzen des Wirtschaftsbooms nach dem Zweiten Weltkrieg begannen die Ausländeranteile in den Schweizer Gemeinden wieder rasch zu steigen. Nun konzentrierte sich die ausländische Bevölkerung immer weniger auf die unmittelbare Nachbarschaft von Fabriken und Grossbaustellen. Die steigende Mobilität führte ab den 1950er-Jahren zu einem Bevölkerungswachstum in die Breite.
Von dieser Entwicklung wurde mehr und mehr auch die ausländische Bevölkerung erfasst. Während Schweizerinnen und Schweizer bei ihrer Flucht aus der Stadt vor allem nach dem Einfamilienhaus im Grünen suchten, siedelte die ausländische Bevölkerung oft dem wachsenden Autobahnnetz entlang, wo zugleich viele neue Arbeitsplätze für weniger qualifizierte Arbeitskräfte geschaffen wurden.
1970
Diese Karte zeigt den Ausländeranteil in den Gemeinden der Schweiz von 1970.
Typische Beispiele für diese Entwicklung gibt es in allen Landesteilen. So etwa der Lausanner Vorort Crissier (VD), der mit der Eröffnung des Autobahnanschlusses zur A1 im Jahr 1970 einen sprunghaften Anstieg der ausländischen Bevölkerung erlebte. Ganz ähnlich verlief die Entwicklung in Lamone (TI) nördlich von Lugano, wo mit der Autobahn auch die charakteristischen Lagerhallen und Gewerberäume folgten. In der Deutschschweiz ist das Limmattal die bekannteste Region mit einer entsprechenden Entwicklung, zum Beispiel die Aargauer Gemeinde Neuenhof. Egal ob in Crissier, Lamone oder Neuenhof – überall zeigt sich derselbe sprunghafte Anstieg des Ausländeranteils zwischen 1950 und 1970.
Diese Grafik zeigt die Entwicklung des Ausländeranteils in Lamone im Vergleich zum Ausländeranteil der Schweiz von 1850 bis 2015.
Diese Grafik zeigt die Entwicklung des Ausländeranteils in Crissier im Vergleich zum Ausländeranteil der Schweiz von 1850 bis 2015.
Diese Grafik zeigt die Entwicklung des Ausländeranteils in Neuenhof im Vergleich zum Ausländeranteil der Schweiz von 1850 bis 2015.
Dieser Anstieg trat nirgendwo in der Schweiz so markant ein wie in Birr (AG). Hier folgte die Entwicklung jedoch einem fast schon unzeitgemässen Muster. Als der Badener Industriekonzern BBC (die heutige ABB) 1960 in Birr einen grossen, neuen Fabrikationsbetrieb errichtete, baute der Konzern zugleich eine Grosswohnsiedlung für die Arbeitskräfte.
Dieses Vorgehen erinnert an die Fabrikanten des 19. Jahrhunderts, die neben ihren Fabriken Arbeitersiedlungen errichteten. Die von BBC gebaute Siedlung Wyden glich jedoch weniger den alten Arbeiterhäuschen als vielmehr einer Wohnmaschine im Stil von Le Corbusier. Der Ausländeranteil von Birr lag 1960 noch bei 5,9%. Zehn Jahre später betrug er 51,5%.
Diese Grafik zeigt die Entwicklung des Ausländeranteils in Birr im Vergleich zum Ausländeranteil der Schweiz von 1850 bis 2015.
In keiner anderen Schweizer Gemeinde war der Anteil der ausländischen Bevölkerung in zehn Jahren dermassen gestiegen und dann auf demselben Niveau geblieben. Zwar war der Anstieg in den Gemeinden mit den Baustellen der grossen Alpentunnels und Wasserkraftwerke, wie etwa 1880 in Göschenen, noch grösser. In diesen Gemeinden war dies jedoch nur eine temporäre Erscheinung. In Birr und in vielen anderen Gemeinden zwischen Genfer- und Bodensee kamen die Arbeitskräfte im Boom der Nachkriegsjahre, um zu bleiben. In den 1960er-Jahren führte dies zu einer breiten Zuwanderungsdebatte, die schliesslich in der Abstimmung zur Schwarzenbach-Initiative (Überfremdungsinitiative) von 1970 ihren ersten Höhepunkt erreichte. Die Entwicklung des Ausländeranteils und die damit verbundenen politischen Auseinandersetzungen nach diesem Votum der Schweizer Stimmberechtigten sind bereits bestens dokumentiert. Mit der vorliegenden Publikation lässt sich diese Entwicklung jedoch erstmals auf Gemeindeebene nachzeichnen.
Um in den Diagrammen den zeitlichen Verlauf des Ausländeranteils darstellen zu können, wurde bei Gemeinden, bei denen seit 1850 Mutationsereignisse (Fusionen, Aufteilungen und Namensänderungen von Gemeinden) stattgefunden haben, der Gemeindestand auf den 31.12.2018 harmonisiert. Diese Gemeinden sind gekennzeichnet.